Allenstein liegt im südwestlichen Ostpreußen, an der Alle, ca. 100 km südlich von Königsberg und 140 km südöstlich von Danzig. Heute ist die Stadt – poln. Olsztyn – Sitz des Erzbistums Ermland, der polnischen Woiwodschaft Ermland-Masuren und einer Universität. Sie hat ca. 175.000 Einwohner und pflegt u.a. eine Partnerschaft mit Gelsenkirchen, der Patenstadt der vertriebenen Allensteiner.
1346 wurde das Gebiet an der oberen Alle dem ermländischen Domkapitel als weltliches Territorium zugesprochen. Das Ermland war eines der vier Bistümer des Mitte des 13. Jahrhunderts begründeten Deutschordensstaates. Die Domherren wollten das Gebiet besiedeln und errichteten auf einer der Halbinseln an der Alle eine Burg, in deren Schutz sich deutsche Siedler niederließen. 1353 erhielt die Siedlung Stadtrecht. In der Burg residierte ein Vogt des Domkapitels, dessen oberster weltlicher Beamter, und ein Administrator des Domkapitels, dessen geistlicher Verwalter. Dieses Amt hatte einige Jahre der Domherr, Arzt und Astronom Nicolaus Copernicus inne, 1516 – 19, 1521 und 1524.
Wegen der vielen Kriege und ihrer Folgen musste man immer wieder neue Siedler anwerben, unter ihnen waren auch viele Masovier. Zu den Kriegen zählten: 1410 der Krieg zwischen Deutschem Orden und Polen-Litauen, 1454 – 1466 der Ständekrieg innerhalb des Landes, 1626 – 1629 der Krieg zwischen Polen und Schweden, 1701 – 21 der Nordische Krieg, 1807 wurde die Stadt von Napoleons Truppen und 1914 von russischen Truppen besetzt. Kriege und Großfeuer zerstörten die Stadt wiederholt. Auch im Januar 1945, nach der Einnahme durch sowjetische Truppen, wurde die Innenstadt ca. zur Hälfte niedergebrannt.
Seit 1466 hatte das Bistum Ermland zur Krone Polen gehört, seit 1772 gehörte es zu Preußen. Damals hatte Allenstein ca. 1800 Einwohner. Nach der Gründung des Deutschen Reiches wurde die Stadt 1872/73 an die Preußische Ostbahn angeschlossen, die von Berlin über Thorn und Insterburg bis Memel führte. So wurde die Entwicklung der Stadt beflügelt. 1884 wurde das ostpreußische Jägerbataillon nach Allenstein verlegt und die Stadt zur zweitstärksten Garnison Ostpreußens ausgebaut. Damit stiegen auch die Einwohnerzahlen, 1895 waren es 20.000. 1905 wurde ein neuer, dritter, ostpreußischer Regierungsbezirk mit Sitz in Allenstein gebildet. Nach dem Ersten Weltkrieg gehörte Allenstein 1920 zu den Kreisen, in denen über die Zugehörigkeit zu Deutschland abgestimmt wurde: 97,8 % der Stimmen waren dafür. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die nicht geflüchteten Einwohner vertrieben und v.a. Polen und Ukrainer aus den sowjetisch besetzten Gebieten Ostpolens angesiedelt.
Die Batschka liegt in der Tiefebene zwischen den Flüssen Donau und Theiß im Süden des Ungarischen Beckens. Heute gehört sie überwiegend zu Serbien, ein kleiner Teil im Norden zu Ungarn. Zentrum ist Neusatz (serb. Novi Sad). Die Batschka war ein wirtschaftlich bedeutendes Hanf-Anbau-Gebiet. Dieser Wirtschaftszweig war überwiegend in Hand der deutschen Einwohner, die zu den Donauschwaben zählen.
Ab dem 7. Jh. siedelten slawische Stämme in dem Gebiet, im 10. Jh. eroberten es die Madjaren bzw. Ungarn, 1543 wurde es vom Osmanischen Reich erobert, 1689 fiel es an die Habsburger. Diese warben mit der Zusage besonderer Rechte in den folgenden 100 Jahren – v.a. deutsche – Siedler für die durch Kriege entvölkerte Region an. Anfangs waren es überwiegend Schwaben, später aber auch Franken, Bayern, Pfälzer, Hessen, Elsässer, Schlesier und andere. Um 1850 bildeten die deutschen Siedler ein knappes Viertel der Bevölkerung.
In Folge der Auseinandersetzungen zwischen Serben, Ungarn und Habsburger-Reich fiel die Batschka 1860 an Ungarn und wurde so Teil der Habsburger-Monarchie Österreich-Ungarn. Ungarn setzte eine entschiedene Assimilierungs-Politik durch, die zu Aufständen führte. Um 1900 wanderten viele Einwohner nach Übersee aus. Das lag aber auch an der wirtschaftlichen Struktur der Region – es gab v.a. Landwirtschaft, nur wenig Industrie. Seit dem 18. Jh. dominierte der Hanf-Anbau, der in den 1930er Jahren sehr ertragreich war. Daneben gab es einige größere Mühlen-Betriebe, Brauereien, Ziegeleien und Zuckerfabriken.
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde der größte Teil der Batschka Serbien zugesprochen (das ab 1929 Teil Jugoslawiens war). 1941 besetzte das mit dem Deutschen Reich verbündete Ungarn die Batschka. 1945 wurde die Grenze von 1920 wieder hergestellt, seit 2006 gehört die Batschka zum nun unabhängigen Serbien.
Beim Vormarsch der sowjetischen Armee 1944 blieben in der Batschka viele Deutsche zurück, da die Evakuierungs-Maßnahmen hier zu spät einsetzten. Etliche wurden in die Sowjetunion deportiert, die anderen enteignet und interniert. Vielerorts wurden die Männer erschossen. In den Lagern starben viele Menschen an Misshandlungen, Krankheiten oder Unterernährung. Tausende von Waisenkindern bzw. Kindern deportierter Eltern kamen in staatliche Heime. Zwar war ab 1947 eine Ausreise nach Österreich und Deutschland möglich. Doch erst 1959 erreichte das Rote Kreuz die Kooperation jugoslawischer Behörden, so dass ein Teil der Waisenkinder zu den aus der Deportation entlassenen Familien oder anderen Verwandten im Westen ausreisen konnte.
Bereits in der Antike war Bernstein, ein fossiles Harz von Nadelbäumen, ein begehrter Artikel. Er wurde für Schmuck und Amulette verwendet und galt als Heilmittel. Bernsteinperlen dienten schon seit Tausenden von Jahren, seit der Jungsteinzeit, als Tauschmittel. So knüpften die baltischen Völker Handelskontakte bis zur Nordsee und in den Mittelmeerraum.
Bei Sturm wurde der v.a. in der sogenannten Blauen Erde an der Samlandküste, aber auch anderswo an der Ostseeküste vorkommende Bernstein freigespült und durch Sammeln oder Schöpfen gewonnen. Im 17. Jahrhundert etablierte sich die Bernsteinfischerei mit Netzen, im 18. Jahrhundert begann man mit dem Tauchen nach Bernstein, und um 1800 begann der bergmännische Abbau im Samland zunächst im Tagebau, um 1870 im Tiefbau. Heute wird Bernstein an der Ostseeküste v.a. in Palmnicken/Samland (russ. Jantarnyi) und in der Nähe von Danzig abgebaut.
Es gibt ihn in verschiedenen Farben, die davon abhängen, ob z.B. Luft- oder Wasserbläschen eingeschlossen sind (roter Bernstein gilt als der kostbarste). Man unterscheidet aber auch z.B. knochigen, flomigen und klaren Bernstein, je nach dem, wie durchsichtig er ist, dabei sind Bernsteine mit Inklusen – Einschlüssen von Pflanzen und Insekten – besonders begehrt.
Er ist auch für die Industrie interessant: Kolophonium für Geigenbögen etwa enthält Bernstein, man nutzte ihn für Farben, Öle und Lacke. Nach wie vor ist seine Bedeutung für Schmuck oder Kunstwerke aber am größten. Allerdings hält Bernstein sich kaum über längere Zeit (Jahrhunderte), unter Einfluss von Sauerstoff zersetzt sich das Material.
Die wirtschaftliche Bedeutung des Bernsteins in früheren Zeiten illustriert das Bernsteinregal des Deutschen Ordens: sämtlicher an der Landesküste gefundene Bernstein musste an Beauftragte des Ordens (Landesherr im Preußenland bis 1466 bzw. 1525) abgeliefert werden bzw. wurde von diesem angekauft – auf Zuwiderhandlung stand zeitweilig die Todesstrafe. Der Ankauf erfolgte eine Zeit lang gegen Salz. Der Orden konnte aus dem Bernstein erhebliche Einnahmen erzielen. Jahrhundertelang spielte er für die katholische Kirche eine wichtige Rolle, da er zu Rosenkranzperlen verarbeitet wurde.
In Dichtung und Literatur spielt der dort teils sagenumwobene Bernstein vom griechischen Dichter Euripides bis zur Belletristik der Gegenwart immer wieder eine Rolle.
Schmuckstücke aus Bernstein oder Gebrauchsgegenstände mit Bernsteinverzierung wie Löffel, Brieföffner u.a. gehören in vielen Familien, die von der Ostseeküste stammen, auch heute zu einem „Muss“, werden verschenkt und vererbt, und sind nicht nur beliebtes Mitbringsel von Reisen, sondern v.a. Andenken an die Heimat der Vorfahren.
Die Stadt entstand im schlesischen Tiefland, an einer Kreuzung uralter Handelswege – der Bernsteinstraße und der Hohen Straße –, die hier die sonst schwierig passierbare Oder querten. So trafen sich schon in der Bronzezeit Handelsverbindungen von Nord- und Ostsee zu Adria und Mittelmeer bzw. zum Schwarzen Meer an dieser Stelle. An beiden Ufern des Flusses und auf Inseln an der Einmündung der Ohle lagen Wohnplätze und später Kirchen. Im 9. Jh. gehörte Schlesien zum Großmährischen Reich, im 10. Jh. zu Böhmen. Als Stadtgründer und Namensgeber gilt der böhmische Herzog Vratislav I. (915 – 921). Um 1000 gehörte Breslau zum Reich der polnischen Piasten, ca. 1000 Menschen sollen damals dort gelebt haben, v.a. Handwerker, aber auch Fernkaufleute. Im 12. Jh. fiel Breslau an die Linie der schlesischen Piasten, die sich zum Stauferreich orientierten. Zahlreiche Kirchen und Klöster entstanden im 12. Jh. und wallonische Siedler wurden angeworben. Die Dom-Insel entwickelte sich zum kirchlichen Zentrum, am linken Oderufer lag die Burg der Piasten-Herzöge, eine jüdische Siedlung sowie die der deutschen Kaufleute. Nach dem Angriff der Mongolen 1241 wurde die Stadt auf dem linken Ufer z.T. wieder aufgebaut bzw. um den Ring herum für die Kaufleute neu angelegt. Sie besaß Magdeburger Stadtrecht und zog Siedler aus Mittel- und Süddeutschland an. Die Stadt entwickelte sich schnell, wurde mächtig und wohlhabend, und gehörte im 14. und 15. Jh. der Hanse an. In diese Zeit fällt eine wirtschaftliche und kulturelle Blütezeit Breslaus, das seit 1335 wieder unter böhmischer Hoheit stand. Es wurde von einem Landeshauptmann verwaltet, dem Rat der Stadt Breslau, der so recht selbständig handeln konnte. 1479 fiel Breslau an Ungarn, 1526 an die Habsburger. Um 1700 erlebte Breslau eine neue Blütezeit, in der zahlreiche Häuser im Stil des Barock entstanden. Seit den 1740er Jahren gehörte Breslau zu Preußen, war nicht mehr eigenständig, sondern Hauptstadt der Provinz Schlesien und Residenzstadt der Könige. Friedrich Wilhelm III. rief 1813 von hier aus zum Widerstand gegen Napoleon auf. Der Handel litt zunächst, die Stadt mit ca. 50.000 Einwohnern wurde umfassend befestigt. Nach der Schleifung der Befestigung wurde Breslau stark erweitert, erhielt u.a. eine Universität und war um 1850 Knotenpunkt mehrerer Eisenbahnlinien, die die Industrialisierung begünstigten. Um 1900 war Breslau als Messestadt mit ca. 400.000 Einwohnern immer noch bedeutendes Zentrum für den Handel zwischen West und Ost. Die Oder wurde als Wasser- und somit Warenweg ausgebaut. In der Zeit zwischen den Weltkriegen behinderte die neue Grenzziehung den Ausbau des Handelsverkehrs. Im Zweiten Weltkrieg war Breslau - zur Festung erklärt - im April 1945 stark umkämpft und wurde zu über 70% zerstört. Die deutschen Einwohner wurden vertrieben, die neuen Einwohner kamen aus Zentralpolen und den (verlorenen) Ostgebieten Polens. Nach 1989 setzte eine umfangreiche Restaurierung des Stadtbilds ein. Breslau, von seinen deutschen Einwohnern auch Brassel genannt, polnisch Wroclaw, hat heute über 600.000 Einwohner und ist Hauptstadt der Woiwodschaft Niederschlesien.
Bunzlau liegt in Niederschlesien, etwa auf halbem Weg zwischen Görlitz und Liegnitz, am Ostufer des Bober. Heute hat Bunzlau – poln. Bolesławiec – ca. 38.000 Einwohner. Weithin bekannt ist die Stadt für ihre Keramik.
Der Name Bunzlau geht wahrscheinlich auf den schlesischen Herzog Boleslaus / Bolesław I. zurück, der hier um 1200 eine Burg gründete. Er entstammte der polnischen Dynastie der Piasten, wuchs aber wegen Auseinandersetzungen um die Herrschaft in Schlesien in der Kaiserpfalz Altenburg in Thüringen auf. Später holte er zahlreiche deutsche Siedler ins Land und gründete Städte nach deutschem Stadtrecht. Einige Jahre nach der Invasion der Mongolen 1241, die die Region verwüsteten, erhielt auch die Siedlung an der Burg Bunzlau Magdeburger Stadtrecht. In den Hussitenkriegen wurde die Region 1429 ebenfalls verwüstet, daher erhielt Bunzlau um 1480 eine neue, doppelte Stadtmauer. Ab 1522 war die Stadt evangelisch und wichtiges Zentrum der Reformation. Die um 1560 fertiggestellte Kanalisation soll die erste in einer deutschen Stadt gewesen sein. Im 30jährigen Krieg wurde die Stadt noch einmal zerstört, diesmal von schwedischen Truppen.
Bereits um 1340 hatte der polnische König Kasimir III. Schlesien an Böhmen abgetreten, Ende des 15. Jh. gehörte es eine Zeit lang zu Ungarn, bevor es Mitte des 16. Jh. an die Habsburger bzw. Österreich fiel. Seit dem Berliner Frieden 1742 im Österreichischen Erbfolgekrieg gehörte Schlesien zu Preußen. Seit 1816 war Bunzlau Kreisstadt, der Kreis gehörte zum Regierungsbezirk Liegnitz. Einen Entwicklungsschub gab es auch hier durch den Eisenbahnanschluss, nachdem 1846 mit einem Viadukt über den Bober die Linie Berlin-Wien durchgängig zu befahren war.
Bereits im 14. Jh. wurde Bunzlauer Keramik gefertigt, besonders haltbare und vielseitig nutzbare Gefäße, die bis heute bekannt und beliebt sind. 1897 wurde die Königliche Keramische Fachschule eingerichtet, um Ausbildung der Töpfer und Weiterentwicklung der Technik zu fördern.
Bunzlau wurde im Februar 1945 beim Einmarsch der sowjetischen Armee stark zerstört, die deutsche Bevölkerung – soweit sie nicht geflüchtet war – wurde überwiegend ab Sommer 1945 nach der Unterstellung unter polnische Verwaltung vertrieben. Heute wird sowohl in Bunzlau wieder Keramik hergestellt, als auch in Deutschland von Nachkommen vertriebener Bunzlauer Betriebe. In Bunzlau gibt es ein Keramikmuseum, jährlich im August ein Keramikfest. Es gibt eine Partnerschaft mit der Stadt Siegburg, die Patenstadt der vertriebenen Bunzlauer ist.
Die Anfänge der Bunzlauer Töpferei liegen im Mittelalter. Es gibt Aufzeichnungen dazu aus dem 14 Jahrhundert. Eine Töpferzunft wird 1511 erstmals erwähnt. Im 16. Jahrhundert soll sie die Anzahl der Töpfereien auf fünf begrenzt haben, um die Qualität der Produkte zu sichern. Diese Beschränkung wurde 1762 aufgehoben. Damals waren die Töpferwaren aus der Bunzlauer Region mit ihrem typischen braunen Dekor schon europaweit bekannt. Sie wurden u.a. nach Skandinavien, in die Niederlande oder nach England verkauft. Die Bunzlauer Keramik hatte sich zu einem wichtigen Wirtschaftszweig entwickelt.
Der Ton der Gegend wurde deshalb so beliebt für die Keramikproduktion, weil er bei hohen Temperaturen gebrannt werden konnte und bleifrei war. Er wird zunächst bei ca. 800 Grad Celsius weiß gebrannt, nach dem Auftragen des Dekors und der Glasur wird er bei bis zu 1260 Grad Celsius gebrannt und ist dann besonders haltbar, d.h. feuerfest, beständig gegen Temperaturwechsel und wasserfest. Töpfe und Kannen konnten auf das Herdfeuer gestellt werden zum Erhitzen oder Warmhalten von Speisen und Getränken.
Die Vielfalt der hergestellten Gefäße war groß, da sie so vielseitig verwendet werden konnten: Töpfe, Krüge und Flaschen für Vorräte, z.B. zum Einlegen von Sauerkraut, Gärgefäße, Butterfässer, Waschgeschirr, Blumentöpfe, und natürlich Küchen- und Essgeschirr wie Kochtöpfe, Backformen, Kannen, Schüsseln, Teller, Becher usw.
Die Feuerfestigkeit verlor zu Beginn des 20. Jahrhunderts an Bedeutung. Emaille, Stahlblech oder Aluminium kamen in Mode und die Vorratshaltung von Lebensmitteln änderte sich. Doch 1897 wurde in Bunzlau eine Fachschule gegründet, die u.a. neue Glasurverfahren und Dekore verbreitete, so dass Essgeschirr und Zierkeramik an Bedeutung gewannen, etwa Vasen und Schalen. Industrielle und handwerkliche Fertigung existierten nebeneinander. 1910 gab es 22 Töpfereien, in den 1930er Jahren allerdings nur noch sieben.
Die Lehmglasur in einem kräftigen, glänzenden Braun war die älteste Glasurtechnik, die 1936, nachdem andere Techniken weit häufiger verwendet worden waren, wiederbelebt wurde. Um 1860 war das sogenannte Schwämmeldekor aufgekommen, bei dem farbige Ornamente mit einem kleinen Schwammstempel aufgebracht wurden, v.a. das beliebte Pfauenauge. Dieses wurde 1905 auf der Londoner Weltausstellung ausgezeichnet. In den 1920er Jahren kam das Spritzdekor hinzu, dabei wurde Farbe auf die Produkte aufgespritzt. Außerdem wurden Verzierungen mit dem Pinsel aufgetragen, Marmorierungen oder Laufglasur verwendet, die bei hohen Temperaturen beim Brennen verlief. Neben den klassischen beliebten Dekoren wie Pfauenauge, Tüpfel oder Margerite entstanden so auch moderne Dekore im Jugend- oder Art-Deco-Stil.
Durch Krieg und Vertreibung fand die Keramikproduktion in Bunzlau ihr vorläufiges Ende, wurde aber später von polnischer Seite dort wieder aufgenommen. Einige der vertriebenen Familienbetriebe nahmen die Herstellung im Westen wieder auf.
Bunzlau, in Niederschlesien, liegt ca. 100 km westlich von Breslau, auf halbem Weg zwischen Görlitz und Liegnitz; poln. Boleslawiec.
1898 kam das nah am Frischen Haff gelegene Gut Cadinen bei Elbing in der Provinz Westpreußen in den Besitz von Kaiser Wilhelm II. Es wurde zu einem landwirtschaftlichen Mustergut ausgebaut, dazu kam 1899 eine Dampfziegelei zwecks Arbeitsplatzbeschaffung. Bald entstand auch Kunstkeramik, als Terrakotta und in Form von Majolika – die damals modern war – da der kalkhaltige Niederungston keine hohen Temperaturen vertrug. Der Kaiser entschied über die Entwürfe, daher gab es viele historistische Modelle, Vorbilder waren v.a. griechische Antike und italienische Renaissance. Ab 1904/05 wurden Plaketten, d.h. Platten mit flachen Reliefs, gefertigt, die Genre-Szenen oder religiöse Motive zeigten. Als farbig bemalte Majolika wurden zunächst Teller, Kacheln, Vasen, Aschenbecher, später Figuren und Büsten, aber auch Dosen, Krüge, Töpfe oder Blumenkübel gefertigt. Auf Ausstellungen in Berlin wurde die Cadiner Keramik vorgestellt, bei der Weltausstellung in Turin 1911 gab es zwei Preise für Majoliken aus Cadinen, die Nachfrage stieg. Einige großformatige Fliesenbilder sind bis heute erhalten, z.B. im Hotel Atlantic in Hamburg, in Privathäusern in Berlin, im Cadiner Gutshaus; Beispiele für Baukeramik finden sich in der Reichsbank in Danzig, im U-Bahnhof Theodor-Heuss-Platz in Berlin. Namhafte Künstler wurden beauftragt, Motive und Ornamente zu entwerfen. Nach 1918 entfiel die finanzielle Förderung durch den Kaiser, der Betrieb – nun unter der Leitung von Wilhelm Dietrich aus Thüringen – musste wirtschaftlich arbeiten. Daher wurde mehr Gebrauchskeramik bzw. Ofenkeramik hergestellt, auch Kacheln nach historischen Vorbildern oder Klinker für öffentliche Bauten. Der Absatz wurde wegen der komplizierten Verkehrswege schwieriger – der Kreis Elbing gehörte ab 1920 zur Provinz Ostpreußen, vom Deutschen Reich durch den Polnischen Korridor getrennt. Dennoch wurde 1936 ein neues Werk für Klinker eröffnet. Majolika wurde weiter hergestellt – u.a. Geschirr für Wilhelm II., den Besitzer des Gutes –, z.T. auch in moderneren Formen und Dekoren. So entstand wohl Ende der 1920er Jahre die Kombination aus dem Cadiner Rotbraun mit Kobaltblau und Gold, die heute vielen als typisch für Cadiner Majolika gilt. Tierplastiken kamen ebenfalls stärker ins Programm. Nach dem Tod Wilhelms II. 1941 arbeitete die Manufaktur zwar weiter, doch im Januar 1945 flüchteten seine Familie und die Dorfbewohner vor der sowjetischen Armee. Unter polnischer Leitung wurde bereits 1945 die Backsteinproduktion wieder begonnen, Kunstkeramik wurde in größerem Stil nicht mehr hergestellt. Cadiner Majolika wurde zwar nur ca. 40 Jahre produziert, gehört aber wegen ihres Erfolges zur Kulturgeschichte des Preußenlandes und stößt auch in Polen heute auf großes Interesse. Für die vertriebenen West- und Ostpreußen gehört es zur Identifikation mit ihrer Heimat.
Literatur
Cadinen. Keramik aus der Königlichen Majolika-Werkstatt 1904-1944. Ausstellungskatalog Ostpreußisches Landesmuseum Lüneburg und Schlossmuseum Marienburg/Malbork, Marienburg/Malbork 1999.
Barfod, Jörn: Des Kaisers Keramik. 100 Jahre Königliche Majolika-Werkstätten Cadinen. Husum 2003.
Danzig entstand an den Ausläufern des Baltischen Höhenrückens, an der Mündung der Mottlau in die Weichsel, die unweit davon in die Ostsee mündet. Schon in der Bronzezeit wurde hier Bernstein gewonnen und über die Bernsteinstraße Richtung Süden gehandelt. Die erste Erwähnung eines Ortes namens „Gyddanyzc“ bezieht sich auf das Jahr 997. Spätestens im 11. Jh. gab es hier eine slawische Burg, nahe der pomoranische Fischer lebten. Herzöge von Pommerellen beherrschten die Region im 12. und 13. Jh. Sie begünstigten die Niederlassung von Fernkaufleuten. Um 1224 besaß eine Siedlung deutscher Kaufleute schon deutsches Stadtrecht.
1308 eroberte der Deutsche Orden Danzig. Er erbaute nahe der zerstörten Stadt eine eigene Burg, gründete eine Neu-Stadt und warb weitere deutsche Siedler an. Außerdem gab es noch die Recht- und die Altstadt. So bestand Danzig – bis 1457 – aus mehreren Siedlungen. Die Rechtstadt der deutschen Kaufleute wurde zum Zentrum, war wirtschaftlich erfolgreich und seit 1361 Mitglied der Hanse, später Vorort des preußischen Hansequartiers. Hauptausfuhrprodukte Danzigs waren zunächst Bier und Holz, später kam Getreide hinzu.
1440 schloss sich Danzig dem Preußischen Bund gegen den Deutschen Orden an und huldigte mit seinen ca. 20.000 (überwiegend deutschen) Einwohnern 1454 dem polnischen König als Schutzherrn. Im Thorner Frieden 1466 wurde die Zugehörigkeit zur Krone Polen bestätigt. Allerdings legte die Stadt Wert auf ihre Privilegien als Stadtrepublik – sie hatte u.a. eigene Vertreter im Ausland. Der polnische König Stephan Bathory wollte die Stadt stärker kontrollieren, musste seine Belagerung 1577 aber erfolglos abbrechen. Während des 17. Jh. bedrohten mehrere Kriege die Unabhängigkeit, aber der Status blieb unverändert. Die Privilegien förderten den kriegsgeschwächten Handel und die kulturelle Entwicklung. Um 1650 hatte die Stadt bereits 70.000 Einwohner.
Ab 1793 gehörte Danzig zu Preußen, verlor damit seine Privilegien, wurde nach der französischen Eroberung 1807 zwar zur „Freien Stadt“ erklärt, aber von Napoleons Militär wirtschaftlich ausgebeutet. Nach Kriegsende wurde Danzig 1815 – 1823 und wieder ab 1878 Hauptstadt der preußischen Provinz Westpreußen. Die Infrastruktur wurde modernisiert, die Stadt z.B. an die Eisenbahn angeschlossen. Nach Cholera-Epidemien erhielt Danzig als eine der ersten Städte Europas eine moderne Kanalisation. Die Schichau-Werft wurde 1889 gegründet, die Technische Hochschule 1904. Nach dem Ersten Weltkrieg stand Danzig seit 1920 als Freie Stadt unter Aufsicht des Völkerbunds, vertreten durch einen Hohen Kommissar. Die Beziehungen zum Nachbarland Polen waren gespannt, da Polen nach den Kriegszielen der Alliierten über Danzig u.a. seinen freien Zugang zum Meer erhalten sollte. So gab es u.a. Streit über Zollfragen.
Mit Kriegsausbruch 1939 – auf der Westerplatte vor Danzig – wurde die Stadt wieder ins Deutsche Reich eingegliedert. Im März 1945 wurde sie beim Einmarsch der sowjetischen Armee stark zerstört. Danzig wurde Polen übergeben, die deutschen Einwohner überwiegend bis 1948 vertrieben. Neue Einwohner kamen aus Zentralpolen und den (verlorenen) polnischen Ostgebieten. Die Gründung der Gewerkschaft Solidarnosc durch streikende Werftarbeiter 1980/81 trug zum Umbruch von 1989 bei. Danzig – polnisch Gdańsk, kaschubisch Gduńsk – ist heute Hauptstadt der Woiwodschaft Pomorze, Sitz eines katholischen Erzbistums und einer Universität.
Für Danzig gilt eine besondere Form von Dielenschränken und weiteren Möbeln als besonders typisch. Diese sogenannten Danziger Barockmöbel sind bis heute sehr gefragt.
Barock ist eine Epoche bzw. Stilrichtung der europäischen Kunstgeschichte zwischen ca. 1580 und 1760. Sie verbreitete sich von Italien ins restliche Europa. Etliche Motive, z.B. zur Dekoration von Architektur oder Innenausstattung, sind aus der römischen und griechischen Antike übernommen. Kennzeichnend sind symmetrische Aufteilung, üppige, prächtige Verzierungen und möglichst naturgetreu abgebildete Motive. Diese Kunst soll überwältigen.
Die Vorbilder der Dielenschränke stammen wahrscheinlich aus den Niederlanden, von dort verbreiteten sie sich im ganzen Hanseraum. Große doppeltürige Schränke waren in Hamburg, Lübeck oder Danzig zu finden. Die Häuser der Kaufleute verfügten oft über riesige Dielen, z.T. über mehrere Geschosse hoch. Dort waren solche Schränke nicht überdimensioniert. Typisch, nicht nur für die Danziger Schränke, sind die Kugelfüße. Im Sockel der symmetrisch gestalteten Schränke befinden sich meist Schubladen, die Türen sind mit „Kissen“ gestaltet, viereckige Flächen, in denen sich weitere dekorative Details befinden. Der Rahmen wird häufig von der Antike nachempfundenen Säulen gebildet.
Die für Danzig speziellen Merkmale bildeten sich etwa um 1700 heraus. Die sehr massiven Schränke wurden mit Schnitzereien reich verziert, mit der Zeit immer vielfältiger: Blüten, Blätter – besonders Akanthusblätter –, Putten, Vögel, kleine Tiere, Früchte, Figuren. Biblische und allegorische Motive wurden verwendet, z.B. die vier Jahreszeiten. Oben bildet ein Gesims oder eine Art Giebel in Trapezform den Abschluss. Neben den Schränken kamen nach und nach weitere Möbel für die Ausstattung großer Räume in passendem Stil dazu, Truhen, Bänke, Stühle, Sessel. Die Sitzmöbel mit ihren gedrechselten Beinen oder Streben in Spiralform und den hohen Lehnen sind ein dekorativer Blickfang und ein Zeugnis der Handwerkskunst jener Zeit.
Für die Möbel wurden gern edle Materialien wie Ebenholz als Furnier verwendet – der „Rest“ war z.B. aus Eiche. Auch Nussbaum und Buche sowie einige andere Hölzer wurden genutzt. Das hellere Holz wurde später geschwärzt, um das dunkel glänzende Ebenholz zu imitieren. Ebenso wurden edle Stoffe für die Bezüge der Sitzmöbel genutzt, Samt, Seide oder Leder.
Viele Möbel, die heute im Kunsthandel angeboten werden, stammen allerdings nicht aus der Spätzeit des Barock – im 19. Jahrhundert kamen sie erneut in Mode. Ab ca. 1850 findet man häufig das Danziger Wappen, von Löwen gehalten, als Schmuckmotiv. Wohlhabende Danziger richteten sich damals gern ein „Herrenzimmer“ ein. So wurden die Möbel des Barock nicht nur nachgemacht, sondern das Angebot auch erweitert, Büffet- und Bücherschränke, Kommoden, Schreibtische und Beistelltischchen zeugen davon. Seit den 1950er Jahren gibt es erneut in Deutschland und v.a. in Polen Werkstätten, die sich mit Restauration und Neuanfertigung von Möbeln im Danziger Stil befassen.
Über das Erzgebirge verläuft die deutsch-tschechische Grenze, historisch die sächsisch-böhmische Grenze. Es ist ca. 130 km lang und 40 km breit. Auf sächsischer Seite fällt es sanft ab, auf böhmischer Seite zum Egertal recht steil. Die höchste Erhebung ist der 1244 m hohe Keilberg (tsch. Klínovec). Der Name des Gebirges geht auf die zahlreichen Erz-Lagerstätten zurück (tsch. Krušné Hory = Mühsame Berge).
Um 1170 wurden nahe Freiberg die ersten Silbererz-Vorkommen entdeckt. Mit dem Zuzug von Bergleuten bzw. mit dem Bergbau wurde die Region wirtschaftlich erschlossen und es wurden planmäßig Städte angelegt. Waren Erzlager-Stätten erschöpft, bildeten sich Ersatz-Gewerbe wie das Spitzen-Klöppeln oder die Holz-Schnitzerei und Spielzeug-Fertigung. Wichtige Bergbau-Städte waren auf sächsischer Seite etwa Schneeberg (Silber, Kobalt, Uran), Aue (Kaolin, Wismut, Uran) oder Annaberg (Silber), doch gab es zahlreiche weitere Orte, die vom Bergbau lebten. Auf böhmischer Seite liegen etwa Graslitz (tsch. Kraslice; Zinn), St. Joachimsthal (tsch. Jáchymov; Silber, Radium, Uran) – auf das die Bezeichnung „Taler“ zurückgeht – oder Brüx (tsch. Most; Braunkohle). Als Ersatz-Gewerbe entstanden hier z.B. der Instrumenten-Bau, die Handschuh-Macherei oder Spielzeug-Fertigung.
Im westlichen Erzgebirge und südlich davon liegt das Egerland. Dazu gehörte im 20. Jh. nicht nur die Region um Eger, sondern auch Falkenau, das „Bäder-Dreieck“ mit Karlsbad, Marienbad und Franzensbad, auch Tepl und Mies (tsch. Cheb, Sokolov, Karlovy Vary, Mariánské Láznĕ, Františkovy Láznĕ, Teplá, Štříbro (= Silber)). Nach dem Bergbau hatten sich auch hier Gewerbe wie Instrumenten-Bau, Leder- und Textil-Verarbeitung entwickelt. Im flacheren Land südöstlich des Gebirges entstanden neben der Landwirtschaft die Kurorte.
Im Mittelalter gehörten zum Egerland außer der Region um Eger auch der Süden des sächsischen Vogtlandes sowie ein Teil des heute nordöstlich angrenzenden Bayerns. Eger war spätestens im 11. Jh. an der Kreuzung von Handels-Wegen auf slawischem Gebiet entstanden und die Region von Einwanderern aus Bayern besiedelt worden. Mitte des 12. Jh. kam sie in den Besitz der im römisch-deutschen Reich herrschenden Staufer. Sie wurde systematisch ausgebaut, Eger erhielt eine kaiserliche Pfalz und wurde zur wichtigen Grenzfestung des Hl. Römischen Reiches. Im 14. Jh. kam Eger als „Reichspfand“ in den Besitz des böhmischen Königs – und wurde nie eingelöst. Privilegien sicherten der reichen Stadt aber eine Sonderstellung als eine Art Stadtstaat, der souverän handeln konnte. Nach dem Dreißigjährigen Krieg verlor Eger im 17. und 18. Jh. an Macht und wurde rechtlich Böhmen angegliedert. Damit gehörte es später zu Österreich-Ungarn, seit 1918 zur Tschechoslowakei, in Folge des Münchner Abkommens ab 1938 zum Deutschen Reich, nach 1945 wieder zur Tschechoslowakei und seit 1993 zu Tschechien. Die weit überwiegend deutschsprachige Bevölkerung des Egerlandes wurde nach dem Zweiten Weltkrieg zum größten Teil vertrieben.
Glatz liegt ca. 80 km südlich von Breslau auf beiden Ufern der Glatzer Neiße, umgeben von Höhenzügen, im Glatzer Kessel. Heute hat Glatz – poln. Kłodzko – ca. 26.000 Einwohner und gehört zur polnischen Woiwodschaft Niederschlesien.
Der Ort wurde um 1120 erstmals erwähnt. Der Chronist Cosmas von Prag berichtete, bereits der böhmische Fürst Slavnik (Vater des hl. Adalbert) habe um 980 „Cladsko“ als Grenz-Festung im Norden seines Gebiets (gegen Polen) besessen. Damit könnte Glatz der älteste historisch belegte Ort Schlesiens sein. Er gehörte aber im Mittelalter zu Böhmen, wurde zeitweilig schlesischen Herzögen als Lehen verliehen. Im 13. Jh. wurden unter Böhmens König Ottokar II. für das eher schwach besiedelte Gebiet deutsche Siedler angeworben, Glatz erhielt deutsches Stadtrecht. Um 1400 war Deutsch Sprache bei Gericht, doch lebte bis ins 16. Jh. eine tschechische Minderheit in der Stadt.
Die Lage am Fluss und an der Handelsstraße von Prag nach Breslau trug zur Entwicklung von Glatz bei, das ein wichtiges Handwerks- und Handelszentrum war. Wichtigstes Gewerbe war die Tuchmacherei, auch Leineweber, Goldschmiede und Bierbrauer waren bedeutend. 1459 wurde Glatz Hauptstadt der vom böhmischen König geschaffenen Grafschaft Glatz, die eine gewisse Eigenständigkeit besaß. Die Stadt wurde im 15. Jh. aber auch mehrfach durch Brände und Hochwasser beschädigt und litt unter Pest-Epidemien.
Um 1525 wurde Glatz ein Zentrum der Reformation. Im 30jährigen Krieg wurde es daher 1622 von kaiserlichen (katholischen) Truppen zerstört. Die verbliebenen Einwohner wurden v.a. durch die Jesuiten „rekatholisiert“. So wurden zwar u.a. Kirchen und Klöster neu aufgebaut, doch der Wohlstand der Bürger war vernichtet, viele Ländereien lagen brach. Während der Kriege um Schlesien zwischen Österreich und Preußen im 18. Jh. wurde Glatz mehrfach belagert und erobert, fiel schließlich mit dem Großteil Schlesiens – obwohl es nicht zu Schlesien gehörte – 1763 endgültig an Preußen.
Glatz wurde von Preußen zur Festung ausgebaut. Außerdem gab es staatliche Förderung für Leinen- und Glasindustrie, für Steinkohle- und Eisenerz-Bergbau in der Grafschaft. 1877 wurde die Festung aufgehoben. Glatz blieb Garnisonsstadt, konnte sich aber baulich ausdehnen. Die Wirtschaft entwickelte sich, die Einwohnerzahlen stiegen, zumal die Stadt seit 1874 an die Eisenbahn angeschlossen war. Um 1940 hatte Glatz ca. 22.000 Einwohner. An den Hängen der umgebenden Gebirgszüge waren bekannte Kurorte entstanden.
Am 8. Mai 1945 wurde Glatz von der sowjetischen Armee besetzt und im Juni der polnischen Verwaltung unterstellt. Die Deutschen wurden vertrieben, Polen angesiedelt, tschechische Ansprüche auf das Gebiet blieben unberücksichtigt. Im Sommer 1997 war Glatz vom Jahrhundert-Hochwasser schwer betroffen. Nicht nur aus Staatsmitteln, sondern nach dem EU-Beitritt Polens 2004 auch mit EU-Fördergeldern konnte die Innenstadt saniert werden.
Hindenburg – poln. Zabrze – entwickelte sich aus dem Dorf Zabrze, das um 1300 am Südufer des Beuthener Wassers (poln. Bytomka) gegründet wurde. Es liegt zwischen den Städten Gleiwitz und Beuthen (poln. Gliwice / Bytom), ca. 150 km südöstlich von Breslau, und gehört heute mit knapp 200.000 Einwohnern zur Woiwodschaft Schlesien. Es war und ist eins der Zentren des oberschlesischen Industriereviers, dessen Grundlage Bergbau, Eisenverarbeitung und Maschinenbau sind.
Das Dorf, das in der Gründungsurkunde „Sadbre“ oder „Cunczindorf“ genannt wird, stand über die Jahrhunderte mit ganz Schlesien abwechselnd unter böhmischer, habsburgischer und preußischer Herrschaft. Bereits in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts gab es hier Feuerstellen zur Metallgewinnung. Der preußische Staat förderte Bergbau und Erzverarbeitung, u.a. auch, um die Region nach den Zerstörungen des österreichisch-preußischen Krieges wieder aufzubauen. Der Abbau der Steinkohle ab ca. 1750 ermöglichte die Entstehung des Industrie-Reviers in Oberschlesien. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts kam das Dorf Zabrze in den Besitz des Grafen Henckel v. Donnersmarck, der die Infrastruktur entwickelte, v.a. den Anschluss an die Eisenbahn betrieb. In der Folge wurden weitere Gruben erschlossen, Koks- und Hochofenanlagen errichtet, auch eine Dampfkesselfabrik sowie weitere Hüttenanlagen u.a. So entstanden große Industriekomplexe, für deren Arbeiter und ihre Familien wurden Wohn- und Geschäftsviertel angelegt, die Einwohnerzahlen stiegen sprunghaft.
1905 wurden von der preußischen Regierung mehrere Gemeinden der Umgebung zur neuen Gemeinde Zabrze mit weit über 50.000 Einwohnern zusammengelegt. Sie wurde 1915 zu Ehren von Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg – der die russische Armee besiegt und aus Ostpreußen vertrieben hatte – in Hindenburg O.S. (Oberschlesien) umbenannt.
Nach den Grenzziehungen in Folge des Ersten Weltkrieges und der Auflösung der Provinz Schlesien gehörte Hindenburg, das nun direkt an der Grenze zum polnischen Oberschlesien lag, ab 1919 zur neuen deutschen Provinz Oberschlesien und erhielt im Oktober 1922 Stadtrecht. Die Zahl der Einwohner stieg bis 1939 auf ca. 126.000.
Ende Januar 1945 wurde die Stadt von sowjetischen Truppen eingenommen, Mitte März bereits der polnischen Verwaltung übergeben. Die deutschen Einwohner, die nicht geflüchtet waren, wurden nach Kriegsende überwiegend vertrieben.
1953 übernahm die Stadt Essen die Patenschaft über die Hindenburger. 2015 wurde auch eine Partnerschaft mit der Stadt Hindenburg bzw. Zabrze begründet.
Am Schnittpunkt zweier Bahnstrecken nahe Schweidnitz in Niederschlesien entstand Mitte des 19. Jahrhunderts eine Siedlung, die 1843 den Namen „Königszelt“ erhielt, weil in der Nähe 1761 im Siebenjährigen Krieg Friedrich der Große sein Zeltlager gehabt haben soll. Wegen der guten Verkehrsanbindung siedelten sich hier schnell Betriebe an, die zügig wuchsen. Um 1860 wurde eine Porzellanmanufaktur gegründet, deren Erzeugnisse als „Königszelter Porzellan“ bald weit über Schlesien und Deutschland hinaus bekannt waren. Die Fabrik produzierte überwiegend Tafel- und Hotelgeschirr. Nach 1945 wurde sie stark erweitert. Unter dem Namen „Karolina“ wird dort bis heute Porzellan hergestellt (Königszelt = poln. Jaworzyna Slaska).
Die Inhaber der Königszelter Fabrik wechselten mehrfach, mit ihnen wechselten auch die Porzellanmarken der Produkte. Unter Inhaber August Rappsilber, 1863 – 1912, wurden bereits Haushalts- und Hotelporzellan sowie Geschenkartikel produziert, dafür gab es zwei verschiedene Marken, A.R. und AR. 1912 – 1928 lautete die Bezeichnung Porzellanfabrik Königszelt AG, ab 1928 gehörte sie zu Hutschenreuther in Selb, es gab drei verschiedene Markenzeichen als P.K.Silesia. 1937 ging das Werk an Kahla. Sowohl Hutschenreuther als auch Kahla gehören zur Strupp-Gruppe, der die Manufaktur unter verschiedenen Bezeichnungen bereits länger gehört haben soll. Kahla hat wahrscheinlich noch in den 1950er Jahren Königszelter Porzellan mit der Bezeichnung „Königszelt Gerrmany“ hergestellt.
Die Königszelter Fabrik war wahrscheinlich die einzige in Schlesien, die eine Lizenz von Walt Disney für Porzellan mit Mickey-Maus-Motiven gehabt hat. Es gab z.B. Kinderteller passend zur Serie Charlotte mit schwarzen Zeichnungen von Mickey Maus.
Ohlau liegt ca. 25 km südöstlich von Breslau an der Ohle und an der Oder. Um 1150 bestand hier eine slawische Siedlung, Olava, die kirchlich zum Bistum Breslau gehörte. Sie war einerseits durch die beiden Flüsse geschützt, andrerseits stets vom Hochwasser gefährdet.
Um 1220 wurden deutsche Bauern und Handwerker angesiedelt, auch erhielt die Siedlung deutsches Recht. Außerdem lebten wohl Siedler aus Wallonien (heute Belgien) hier. 1241 wurde die Stadt durch mongolische Heere zerstört, gleich danach an der Ohle wieder aufgebaut. Zur Oder hin gab es eine zweite Siedlung, die im 17. Jh. eingemeindet wurde. Ohlau gehörte anfangs zum Herzogtum Breslau, ab 1311 zum davon abgetrennten Herzogtum Brieg – mit dem es lange Zeit zu Böhmen bzw. später zu Österreich gehörte. Zeitweise war Ohlau Residenzstadt des Herzogs.
Da der Landesherr in Geldnot war, konnte Ohlau ihm Rechte abkaufen – und erwarb so u.a. das Recht zum Salzverkauf, den Salzzoll, das Marktrecht oder die Gerichtsbarkeit. Wichtige Wirtschaftszweige waren zunächst Landwirtschaft und Tuchweberei. Im 15. Jh. wurde Ohlau in den Hussitenkriegen zerstört (1428). Im 16. Jh. folgte trotz zweier Pest-Epidemien eine wirtschaftliche Blütezeit. Ein neues Rathaus wurde gebaut, die Kirche erweitert und das Herzogsschloss umgestaltet. Ohlau war damals, in Folge der Reformation, evangelisch. Der 30jährige Krieg beeinträchtigte diese Entwicklung durch Einquartierung von Soldaten, Kontributionen und schließlich 1634 Zerstörung: Der kaiserliche Kommandant (kath.) ließ die Stadt beim Nahen der Gegner (evg. Schweden) anzünden.
Nach der Einnahme durch schwedische Truppen, die bis 1650, zwei Jahre nach Kriegsende, blieben, wurde die Stadt wieder aufgebaut. In den Kriegen des 18. Jh. hatte Ohlau strategische Bedeutung und war immer wieder besetzt, diente als Truppen-Sammelplatz, Verbandsplatz u.a. Seit 1742 gehörte es zu Preußen. Wirtschaftlich kam ein neuer Zweig hinzu: In der Umgebung wurde Tabak angebaut und es entwickelten sich etliche Handwerks-Betriebe im Umfeld. Die Zucht von Seidenraupen dagegen wurde bald aufgegeben.
Ohlau erhielt schon 1842 Eisenbahn-Anschluss: Die erste Linie Schlesiens wurde zwischen Breslau und Ohlau eingerichtet und mit dem Oderhafen verbunden. Das begünstigte die Ansiedlung von Industrie. Dabei waren Holz und Zuckerrüben wichtig, dazu die chemische Industrie mit Farben, Zink, Zement, Sägewerken. 1905 hatte Ohlau etwas über 9.000, 1939 etwas über 13.000 Einwohner. 1945 wurde Ohlau zwar stark beschädigt, doch blieben viele Baudenkmäler erhalten. Die deutschen Einwohner wurden nach dem Krieg vertrieben. Über zwei Drittel der neuen Einwohner stammten aus den östlichen Gebieten Polens, die Stalin für die Sowjetunion beansprucht hatte. Heute gehört Ohlau – poln. Oława – zur Woiwodschaft Niederschlesien und hat ca. 33.000 Einwohner.
Oppeln liegt ca. 80 km südöstlich von Breslau, ebenfalls an einem durch Fluss-Inseln ermöglichten Übergang über die Oder. Hier kreuzten sich alte Handelswege von der Ostsee zur Mährischen Pforte bzw. von Westen nach Krakau und Kiew. Bereits im 9. Jh. wird eine Siedlung der slawischen Opolanen erwähnt, die im 12. Jh. Zentrum des Herzogtums Oppeln war. Dessen Herzog Kasimir warb um 1200 „Gäste“ aus dem Westen für sein Land an und gewährte ihnen besondere Rechte.
So entstand auf dem östlichen Oder-Ufer, gegenüber der slawischen Stadt, vor 1217 eine weitere Stadt. Diese Stadt war bald zu klein, Mitte des 13. Jh. – kurz nach dem Angriff der Mongolen – wurde sie daher neu und größer angelegt. Nicht nur für diese Stadt, auch für die Dörfer der Umgebung wurden deutsche Siedler angeworben. In der Stadt lebten v.a. Handwerker und Kaufleute, in den Dörfern v.a. Bauern.
1327 schlossen sich die in kleine Territorien gespaltenen Herzogtümer Oberschlesiens Böhmen an und gehörten damit zum Hl. Römischen Reich. In den folgenden Jahrhunderten wechselte die Herrschaft mehrfach: Oppeln fiel 1536 an die Habsburger, gehörte als Pfand kurzzeitig aber auch zu Ungarn, Siebenbürgen und Polen. Seit 1742 war es preußisch. Ab 1816 war es Hauptstadt des Regierungsbezirks Oberschlesien. Damit stiegen die Einwohnerzahlen, die Stadtmauern wurden niedergelegt und die Stadt auch baulich vergrößert.
Einen weiteren Schub erhielt die Entwicklung der Stadt durch den Anschluss an die Eisenbahn ab 1843. Um 1900 war Oppeln Bahnknotenpunkt. Außerdem wurde ein Handelshafen angelegt. So konnten die Kalksteinlager in der Umgebung der Stadt industriell genutzt werden. Zahlreiche Zementfabriken entstanden. Oppeln wurde von einer Verwaltungs- zu einer Industriestadt. 1905 hatte sie ca. 30.000 Einwohner, davon waren etwa 80 Prozent deutschsprachig.
Bei der Volksabstimmung nach dem Ersten Weltkrieg, 1921, stimmten aber 95 Prozent für den Verbleib beim Deutschen Reich. Bis 1938 war Oppeln Hauptstadt der Provinz Oberschlesien, mit zuletzt ca. 50.000 Einwohnern. Nach Kriegsende wurden die meisten der nicht geflüchteten deutschen Einwohner vertrieben.
Oppeln – poln. Opole – ist heute Sitz der gleichnamigen Woiwodschaft. Seit 1972 ist es Sitz eines katholischen Bistums, 1994 und 1996 wurden die beiden Universitäten gegründet. Oppeln hat ca. 120.000 Einwohner und ist immer noch wichtiger Standort der Zement-Industrie. Die deutsche Minderheit in Polen ist besonders im Umland von Oppeln stark vertreten, so dass Oppeln Sitz ihres Zentralverbands wurde, des „Verbands der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen“ (VdG).
Ortelsburg liegt im südlichen Ostpreußen, im Westen der Masurischen Seenplatte, an einer Landenge zwischen dem Großen und dem Kleinen Haussee. Die Umgebung war spätestens Ende des 2. Jh. v. Chr. besiedelt. Im 14. Jh. gehörte sie zum Deutschordensstaat. Der Name soll auf den Spittler des Ordens (zuständig für das Spitalwesen) und Komtur von Elbing Ortolf v. Trier (1349 – 71) zurückgehen. Er sorgte um 1360 für die Anlage eines „festen“ Hauses des Ordens, einer Art Grenzfestung, d.h. damals wohl mit Befestigungen aus Holz und Erde. In ihrem Schutz siedelte der Orden Kolonisten aus dem benachbarten polnischen Masowien an.
Markgraf Georg Friedrich, der in der Gegend gern jagte, ließ um 1580 die verfallene Burg erneuern und siedelte dazu deutsche Handwerker an. Trotz weiterer Ansiedlungsaktionen verlief die Entwicklung aber schwierig: Im 17. Jh. wurde die Stadt mehrfach durch Brand zerstört, die Tataren verwüsteten 1656 den Süden Ostpreußens, außerdem gab es mehrere Pestausbrüche. Erst 1723 erhielt Ortelsburg – mit ca. 400 Einwohnern – Stadtrecht.
Ab 1744 war Ortelsburg Garnisonsstadt, ein Feldjägerkorps wurde hier stationiert. 1806 hielt sich das preußische Königspaar Friedrich Wilhelm III. und Luise auf der Flucht vor den Franzosen einige Wochen in Ortelsburg auf, das solange Sitz der preußischen Regierung war. Am 31. 12. 1806 eroberten die Franzosen die Stadt, plünderten und besetzten sie.
Mit einer Verwaltungsreform sollte nach der Franzosenzeit die Entwicklung vorangetrieben werden, Ortelsburg wurde 1818 Kreisstadt eines der flächenmäßig größten Kreise Preußens. Doch erst mit dem Anschluss an die Eisenbahn 1883 ging die Entwicklung etwas voran. Schon 1914 wurde Ortelsburg mit Beginn des Ersten Weltkriegs am 30. August wieder nahezu komplett zerstört. Bis Kriegsende 1918 wurde die Stadt aber mit Unterstützung der Patenstädte Berlin und Wien wieder aufgebaut. Bei der Volksabstimmung 1920 stimmten die Einwohner fast einmütig für den Verbleib beim Deutschen Reich. Auch im Januar 1945 wurde Ortelsburg bei der Eroberung durch die sowjetische Armee wieder zerstört. Nach der Übergabe an die polnische Verwaltung im Sommer 1945 wurden ab Herbst die verbliebenen deutschen Bewohner, aber auch masurische, vertrieben. Etliche der Vertriebenen ließen sich im Ruhrgebiet nieder, um Gelsenkirchen, wohin schon um 1900 manche Ortelsburger auf Arbeitssuche gezogen waren.
Ortelsburg, poln. Szczytno, hat heute gut 23.000 Einwohner und gehört zur Woiwodschaft Ermland-Masuren. Im Rathaus befindet sich ein kleines Museum, dessen Sammlung den Zweiten Weltkrieg überstand. Es besteht u.a. eine Städtepartnerschaft mit Herten.
Wo ist Ostdeutschland? Wer ist ostdeutsch?
Diese Fragen beantworten wir heute anders als vor 50 oder 150 Jahren. Der Begriff hat sich mehrfach gewandelt, besonders nach der politischen Wende von 1989. Heute wird meist das Gebiet der ehemaligen DDR als Ostdeutschland bezeichnet, die Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen, evtl. auch Berlin.
Bis in die 1970er Jahre waren die Ostdeutschen aber nicht die DDR-Bürger – die Region um Weimar, Jena, Leipzig, Halle oder (Luthers) Wittenberg galt seit Jahrhunderten als Herz, als Mitte Deutschlands. Ostdeutsche waren in der Bundesrepublik die Flüchtlinge und Vertriebenen – die in der DDR „Umsiedler“ hießen. Ostdeutschland waren die östlich der Oder-Neiße-Linie gelegenen Gebiete des Deutschen Reiches (in den Grenzen vom 31. 12. 1937), die nach 1945 in Polen und der Sowjetunion lagen. Sie wurden auch als deutsche Ostgebiete bezeichnet: Pommern, Ostbrandenburg, Schlesien, Ostpreußen, Grenzmark Posen-Westpreußen; häufig zählte man noch die bereits nach dem Ersten Weltkrieg abgetrennten Gebiete hinzu: das Memelland, Danzig, Westpreußen und evtl. die Provinz Posen. Als Ostdeutsche wurden manchmal außerdem Menschen aus den deutschen Siedlungsgebieten in Ost-, Mittelost- und Südosteuropa bezeichnet, also Baltendeutsche und Sudetendeutsche, aber auch Donauschwaben, Karpatendeutsche, Siebenbürger Sachsen, Banater Schwaben, Deutsche aus der Bukowina, aus Galizien, Wolhynien und der Gottschee. Deutsche aus Russland wurden damit meist nicht gemeint.
In den genannten Regionen gab es z.T. seit dem Mittelalter Streusiedlungen oder geschlossene deutsche Siedlungsgebiete. Einige gehörten zum 1871 gegründeten Deutschen Reich (und davor zu Preußen) oder zum Habsburgerreich Österreich-Ungarn. Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts hatte sich, von J. G. Herder ausgehend, die Idee von Nation und Nationalstaat in Europa entwickelt. Daraus entstanden Konflikte, denn in vielen Regionen lebten Menschen mehrerer Nationen (Völker, Sprachen) zusammen. Einheitliche Staaten zu schaffen, war kompliziert. So lebten z.B. in Böhmen (Österreich-Ungarn) Tschechen und Deutsche, in Schlesien (Preußen) Deutsche und Polen. Man versuchte, dieses Problem mit besonderen Rechten für die Minderheiten in den nach dem Ersten Weltkrieg neu gegründeten Staaten zu lösen. Doch mit der Umsetzung gab es Schwierigkeiten. Hitler und die Nationalsozialisten missbrauchten die Lage für ihre Expansionspolitik und propagierten die Parole „Heim ins Reich“ für die Deutschen im Ausland. Das brachte auch den Begriff „ostdeutsch“ eine Zeit lang in Misskredit.
1845 gründete Carl Ernst Robert Tielsch (1815 – 1882) gemeinsam mit Gideon von Wallenberg als stillem Teilhaber im schlesischen Ort Altwasser eine Porzellanmanufaktur. Altwasser war zuvor für Steinkohle-Abbau und als Kurort mit Heilquellen bekannt gewesen. Es lag knapp nördlich der Stadt Waldenburg in der südlichen „Mitte“ Schlesiens und wurde 1853 an das Eisenbahnnetz angeschlossen.
Die Manufaktur entwickelte sich schnell sehr positiv, hatte 1851 ca. 300 Mitarbeiter, 1863 ca. 1400. Grund dafür war neben der günstigen Verkehrslage wahrscheinlich v.a. die breite Palette der Produkte – so gab es Haushalts- und Hotelporzellan, Luxusobjekte und Prunkgeschirre. Aber auch eine gute Qualität, relativ günstige Preise und die Nähe zu den Steinkohlegruben, die das Brennmaterial für die Öfen lieferten, dürften diese Entwicklung gefördert haben. Auf mehreren internationalen Ausstellungen wurden Tielsch-Produkte ausgezeichnet, u.a. in London 1851, in Paris 1867 oder in Melbourne 1880. Vertretungen der Firma im Ausland förderten den Absatz zusätzlich, etwa in London, Athen, Kairo, Tunis, New York und Rio de Janeiro.
Mit einem Arbeiter- und einem Arbeitsunfähigkeitsfonds kümmerte sich die Firma um ihre Mitarbeiter. 1906 ersetzte sie als erste der deutschen Manufakturen die üblichen Rundöfen durch Durchlauföfen (oder Tunnelöfen). Doch im Ersten Weltkrieg musste die Produktion gedrosselt werden. 1917 wurde die Firma in eine Aktiengesellschaft mit mehreren Teilhabern umgewandelt. So begann die Zusammenarbeit mit der Firma Hutschenreuther im bayerischen Selb.
Als Folge der Weltwirtschaftskrise schlossen sich die beiden Firmen 1932 im Hutschenreuther-Konzern zusammen. Der Name Tielsch als Marke blieb dabei zunächst erhalten. Die diversen Porzellanmarken seit 1845 enthielten anfangs die Buchstaben TPM (Tielsch Porzellan Manufaktur), später die Buchstaben C.T. oder C. Tielsch für den Firmengründer.
Die Produktionsstätten in Altwasser wurden 1945 bei Kriegsende von polnischer Seite enteignet. Ein Teil der Anlagen war zuvor von sowjetischer Seite demontiert worden. Der Betrieb wurde jedoch mit einigen nicht vertriebenen deutschen Mitarbeitern fortgeführt. 1952 wurde er verstaatlicht und trug den Namen „Zaklad Porcelany Stołowej Wałbrzych“, da Altwasser (poln. Stary Zdrój) inzwischen nach Waldenburg – poln. Wałbrzych – eingemeindet worden war. 1992 wurde der Betrieb wieder privatisiert.
Der Berggeist des Riesengebirges ist heute Werbeträger für den Tourismus auf der polnischen wie auf der tschechischen Seite des Gebirges. Andenken mit Rübezahl-Motiv, Rübezahl-Figuren, Rübezahl-Gaststätten u.a. findet man auf beiden Seiten der Grenze.
Ursprünglich könnte die Figur Rübezahls im 15. Jh. mit Bergleuten aus dem Harz nach Schlesien gekommen sein, das damals überwiegend unter der Herrschaft der Habsburger (Österreich) stand. Sagen um einen Bergwerks- oder Berggeist waren zunächst auf der schlesischen Seite des Gebirges verbreitet. Sie schildern einen Riesen, Gnom oder Dämon, der einen Schatz bewacht und in unterschiedlicher Gestalt Wanderer vom Weg abbringt. Manchmal hilft er Bedürftigen, denen er Heilpflanzen zeigt oder Gold und Silber schenkt. Der Schriftsteller Johannes Praetorius sammelte und veröffentlichte die Sagen um 1660 als erster, er soll über 240 gefunden haben. So wuchs Rübezahls Bekanntheit. Die meisten Sagen schildern ihn als launisch, mal hilfsbereit, mal arglistig.
Ähnlich stellte ihn auch Johann C. A. Musäus dar, der den Berggeist über Schlesien hinaus geradezu populär machte: In seine „Volksmärchen der Deutschen“ (1783) nahm er fünf längere Geschichten über Rübezahl auf, in denen er auch den Namen erklärte. Rübezahl soll sich in eine Prinzessin verliebt und sie in sein Reich entführt haben. Da sie ihre Familie und Freunde vermisste, erweckte er diese mit verzauberten Rüben zum Leben. Leider verwelkten die Rüben nach kurzer Zeit. Die Prinzessin versprach ihm ihre Hand, wenn er die Rüben auf dem Feld für sie zählen könne. Während Rübezahl so abgelenkt war, konnte die Prinzessin fliehen. Seitdem sei „Rübezahl“ ein Spottname für den Berggeist. Werde der Spottname benutzt, so räche Rübezahl sich – z.B. mit Nebel und Unwetter.
In Schlesien, das seit 1742 überwiegend zu Preußen gehörte, und in Böhmen war man sich einig, die korrekte Bezeichnung für den Berggeist sei „Herr der Berge“. Dazu wurde ihm die „Herrschaft“ über das schnell wechselnde Wetter im Gebirge zugeschrieben.
Die Herkunft des Namens Rübezahl ist nicht geklärt, „Zahl“ könnte von Zagel = Schwanz stammen. Das weist auf die frühere Vorstellung eines geschwänzten Dämons in den Bergen zurück. Im 19. Jh. wurde Rübezahl zur Identifikationsfigur für die Schlesier und zum Thema in der Kunst. Es entstanden Opern (u.a. Carl Maria von Weber), Dramen und Gemälde (u.a. Ludwig Richter). 1915 entstand das Riesengebirgslied, das bald zu einer Art Regionalhymne wurde. Bekannte Schriftsteller verfass(t)en Sagenbücher für Kinder und Jugendliche (u.a. F. Freiligrath, R. Reinick, Carl Hauptmann, O. Preußler). Bereits 1916 entstand der Stummfilm „Rübezahls Hochzeit“ von und mit Paul Wegener, weitere Filme folgten (1957 D, 1981 ČSSR, 1975-82 DDR), zuletzt verfilmte das ZDF 2017 „Rübezahls Schatz“.
Die Vertreibung der deutschen Bewohner des Riesengebirges aus Schlesien und Böhmen hat der Popularität Rübezahls nicht geschadet. In Tschechien kennt man ihn als „Krakonoš“ – von Krkonoše für Riesengebirge, in Polen als „Liczyrzepa“ – Rübenzähler.
Die Blaudruck-Tischdecke der Heimatsammlung stammt wahrscheinlich von der Firma Dierig aus Langenbielau (poln. Bielawa) in Niederschlesien. 1805 war hier von einer ortsansässigen Familie die Firma C. G. Dierig gegründet worden, die zunächst Handweber in Heimarbeit beschäftigte. Um 1830 stellte sie eigene Webstühle auf. Allerdings standen zunächst 30 Webstühlen dort ca. 3000 Heimweber gegenüber. Nach und nach änderte sich das Verhältnis. Später kam auch Stoffdruck ins Angebot. 1918 expandierte die Firma nach Westdeutschland (Augsburg), war Mitte der 1930er Jahre die größte Baumwollfirma auf dem Kontinent. 1945 musste sie ihren schlesischen Stammsitz verlassen und baute das Werk in Augsburg zum größten Textilkonzern Westdeutschlands aus (Bettwäsche, Kaeppel, fleuresse). Heute handelt es sich um einen international tätigen Textil- und Immobilien-Konzern.
In Gerhart Hauptmanns Drama „Die Weber“ (1892) kommt Fabrikant Dierig leicht verfremdet als „Dittrich“ vor. Im Nachbarort Peterswaldau hatte der Weberaufstand im Juni 1844 begonnen. Dort hieß die größte Firma Zwanziger, bei Hauptmann „Dreißiger“. Der Autor orientierte sich zwar an den tatsächlichen Abläufen, hatte mit Augenzeugen gesprochen, doch sind manche Sachverhalte wohl überzeichnet dargestellt, um die Not der Weber zu verdeutlichen. Denen wurde von den Fabrikanten, die mit den billigeren Stoffen aus England – von den mechanischen Webstühlen – konkurrieren mussten, immer wieder der Lohn gekürzt. Daher litten sie häufig Hunger, obwohl die ganze Familie samt Kindern hart arbeitete. So protestierten sie 1844 vor der Fabrik Zwanziger. Als sie den Fabrikanten nicht erreichen konnten, plünderten sie das Haus und zogen nach Langenbielau, zur Firma Dierig, bei der es den Arbeitern u.a. wegen einiger sozialer Maßnahmen wie Kindergärten und Betriebsrenten eigentlich besser ergangen sein soll. Hier wurden überwiegend in Heimarbeit v.a. Damaststoffe hergestellt. Als die Menge sich nicht auflöste, ließ der Kommandeur des angerückten Militärs schießen – es gab 11 Tote und 24 Schwerverletzte. Berichte darüber wurden später zensiert.
Der preußische Staat bemühte sich in der Folgezeit, neue Erwerbsmöglichkeiten durch Spinnschulen, auch in der Glas-, Holz- und Eisenindustrie zu schaffen.
Siebenbürgen gehört heute zu Rumänien und liegt im Zentrum des Landes. Der Bogen der Karpaten trennt es von den übrigen Landesteilen. In der Antike lag hier das Reich Dakien. Später zogen Goten, Gepiden, Bulgaren u.a. Völker durch die Region. Um 900 kamen Ungarn in das Karpatenbecken. Sie siedelten an den Grenzen zu deren Sicherung die Szekler an.
Ab ca. 1150 ließen sie Siedler von Rhein und Mosel, aus Flandern und Wallonien ins Land. Der ungarische König Andreas II. gewährte ihnen 1224 in einem Freibrief weitgehende Sonderrechte, danach wurde ihr Gebiet „Königsboden“ genannt. Von 1211 bis 1225 war auch der Deutsche Orden im Land, um es vor den Einfällen der Kumanen zu schützen. Die deutschen Einwohner, Bauern, Handwerker und Kaufleute, bildeten als privilegierte Gruppe einen eigenen „Stand“ im ungarischen Staat, so wie die ungarischen Adligen und die Szekler. Sie hatten mit der „Nationsuniversität“ nicht nur ihre eigene politische Vertretung, sie hatten auch ihre eigene Gerichtsbarkeit. Die Rumänen dagegen verloren ihre Rechte zur politischen Vertretung. Bis ins 19. Jh. waren sie im Land nur noch geduldet.
Nach der Niederlage Ungarns 1526 in der Schlacht bei Mohacs wurde Siebenbürgen als Fürstentum 1541 dem Osmanischen Reich unterstellt und musste hohe Tribute zahlen. Dennoch folgten über Jahrzehnte Plünderungen, Verwüstungen und Verschleppungen. Aber in Siebenbürgen herrschte Religionsfreiheit und das Land bleib christlich. Nach dem Sieg über die türkische Armee bei Wien wurde Siebenbürgen 1699 im Frieden von Karlowitz unabhängig von Ungarn an Österreich angegliedert. Im Zuge der Gegenreformation und auch später folgten Einwanderungen evangelischer Siedler, die in anderen Landesteilen Österreichs unerwünscht waren, aber auch aus Württemberg oder Hessen. 1866 beschloss der ungarisch dominierte Landtag die Union mit Ungarn, damit wurde auch die Selbstverwaltung der Siebenbürger Sachsen abgeschafft.
Die Rumänen, die schon lange einen eigenen Staat forderten, setzten ihr Ziel nach dem Ersten Weltkrieg mit Zustimmung der Siebenbürger Sachsen durch. Die ihnen dafür zugesagten Minderheitenrechte wurden aber später nicht in dieser Form erfüllt. Mit dem Vertrag von Trianon 1920 gehörte Siebenbürgen zu Rumänien. Viele Ungarn wanderten aus, Rumänen wurden angesiedelt. Erst bei Kriegende 1944/45 flüchteten viele Siebenbürger Sachsen aus ihrer Heimat. Die Verbliebenen verließen in den 1970er Jahren und nach 1990 das Land. Dennoch gibt es noch eine kleine siebenbürgisch-sächsische Minderheit in Rumänien, der z.B. der seit 2014 amtierende Staatspräsident Klaus Johannis entstammt.
Die Ordnung der Siebenbürger Sachsen nach Kind, Schulkind, konfirmierten Mädchen und Jungs („Mägde und Knechte“), Braut und Bräutigam, verheirateten Männern und Frauen, half bei der Einordnung in die Gemeinschaft: Jeder hatte seinen Platz, sowohl in der Gesellschaft, als auch in der Kirche. Dort gab es für jede Gruppe spezielle Kirchenbänke. Diese Ordnung wurde besonders durch die Kopfbedeckung der Tracht sichtbar.
Die kleinen Mädchen trugen Häubchen, für Schulmädchen waren Bänder üblich. Darüber wurde an Feiertagen ein Kopftuch, „Knepftouch“, getragen. Den konfirmierten Mädchen war der Borten vorbehalten, ein zylinderförmiger Aufsatz aus Samt, mit Perlen und Bändern reich verziert. Zur Hochzeit trug eine junge Frau ihn zum letzten Mal. Das Abnehmen des Borten und das Aufsetzen der Haube gehörte zu den Hochzeitsfeierlichkeiten. Nun war die junge Frau „unter der Haube“.
Die Farbe der Stickerei auf der Haube lieferte Informationen über ihre Trägerin, so wurden die Farben z.B. mit dem Alter zurückhaltender. Die Motive stammten aus dem Umfeld, wie Getreide oder Blumen. In Südsiebenbürgen trug man filigrane handgenetzte Häubchen. In Nordsiebenbürgen wurde zum Kirchgang ein Tuch über die Haube gelegt. Zu bestimmten kirchlichen Anlässen wurde diese Kombination durch die sog. Bockelung ersetzt, ein speziell gefaltetes Schleiertuch. In Südsiebenbürgen war die Bockelung meist Teil der sonntäglichen Tracht. Die Hauben wurden in der Familie der Braut für die Hochzeit gefertigt. Es gab aber auch geschickte Stickerinnen, die sich mit dem Sticken der Hauben Geld verdienten.
Die übrige Kleidung bestand aus einem Hemdgewand, über dem die Frauen ein Samtleibchen oder einen Kittel aus Leinen („Busenkittel“) trugen, dazu einen Rock aus Wollstoff und mehrere Unterröcke. In jüngerer Zeit wurde der Rock durch einen dunklen Miederrock aus Samt ersetzt. Das Mieder darüber ist an allen Öffnungen verziert und mit ebenfalls verzierten Schließen geschlossen. Nicht konfirmierte Mädchen und ältere Frauen trugen zum Rock ein schwarzes Samtleibchen oder eine Samtjacke. Über den Rock gehört eine Schürze, im Süden aus bestickten Spitzenstoffen, anderswo aus geblümten Stoffen, im Nösner Ländchen mit geklöppelten Einsätzen. Die Farben der Blüten- und Blattmuster waren ebenfalls verschieden, im Norden waren sie schwarz, im Süden schwarz-gelb oder schwarz-gold, manchmal auch mehrfarbig.
So spiegeln die Trachten mit ihren Unterschieden nach Region, Alter und Stand der Trägerin, nach Alltags-, Fest- und Kirchentracht nicht nur die soziale Ordnung, sondern auch das Leben in der Gemeinschaft.
Zur Männertracht gehört ein gepresster oder gepunzter Gürtel – der kostbare „riemener Mannsgurt“. Er wird mit Riemchen, „Zirm“, und mit Applikationen aus buntem Leder meist sehr reich verziert – „Zirm“ bezeichnet die aufwendige Stickerei.
Zur Tracht wird eine weiße oder schwarze Hose getragen, dazu Stiefel. Zur schwarzen Hose gehört ein schmaler Gürtel. Zur weißen Hose gehört das lange, auf der Brust in Falten gelegte, weite Hemd, über der Hose getragen, von einem breiten, gezirmten Lederriemen gehalten. Die Breite dieses Gürtels richtete sich früher nach dem Alter des Trägers, die Ausstattung nach dessen Wohlstand.
Das Hemd hat einen kleinen Kragen – je nach Region mit Blumen oder geometrischen Mustern bestickt. In manchen Orten werden die Hemden auch von Manschetten, den „Stackeltcher“, geziert. Die Brust ziert eine schwarze, mit Seide bunt bestickte Samtkrawatte oder ein seidenes Halstuch. Über dem Hemd wird vielerorts im Sommer ein schwarzes „Leibel“, eine Weste, getragen, in den kälteren Jahreszeiten eine schwarze „Guip“, eine Jacke. Die Brustseite beider Kleidungsstücke zieren je zwei Reihen bunte Knöpfe. Leibel und Guip werden offen getragen. Nur der oberste Knopf der Guip wird geschlossen. Im Winter tragen die Männer statt des Leibels den „Brostlotz“ oder „Brustfleck“, einen buntbestickten Pelz, d.h. das Fell trägt man innen, die Lederseite nach außen.
Im Winter tragen Männer und Frauen auf dem Land zum Kirchgang auch einen wärmenden Pelzmantel, reich verziert, den Kürschen. Das ist ein Umhängemantel aus weiß gegerbtem Schafleder, mit Fell besetzt und aufwendig bestickt. Noch früher trug man einen „Kotzen“ (von ahd. chozzo), ebenfalls ein Mantel für den Kirchgang, aber aus weißem oder schwarzem handgewebten Schafwollstoff gefertigt.
Auf den Kopf gehört ein schwarzer runder Filzhut mit breiter Krempe und einem bestickten Samtband. Zur Hochzeit verziert der junge Mann ihn mit einem Myrtenkränzchen. Nach der Hochzeit verschwindet der Blumenschmuck wieder vom Hut.
Die einzelnen Elemente der Tracht haben sich über Jahrhunderte und in den verschiedenen Regionen Siebenbürgens entwickelt und verändert. Sie wurden den Bedürfnissen und dem Geltungstrieb ihrer Träger bzw. der Mode angepasst. Sie gehen zurück auf Kleidungsstile und –regeln früherer Zeiten: Wer was tragen durfte, wurde von der „Obrigkeit“ bestimmt, etwa der Universität in Hermannstadt. Die Tracht ist ein wichtiges Identifikationsmerkmal für die Gemeinschaft der Siebenbürger Sachsen. Bis heute tragen Tanzgruppen und Blaskapellen bei möglichst vielen Anlässen die überlieferte Tracht.
Bärn liegt in den östlichen Ausläufern des Sudeten-Gebirges, im Norden Mährens, einem der historischen Landesteile Tschechiens. Im 9. Jh. bildete Mähren mit der westlichen Slowakei und einigen angrenzenden Regionen das Groß-Mährische Reich, im 10. Jh. kam Mähren unter die Herrschaft des westlich benachbarten Böhmens. Mit diesem fiel es durch Erbverträge im 16. Jh. an die Habsburger und gehörte bis 1918 zu Österreich-Ungarn. Danach gehörte es zur nach dem Ersten Weltkrieg gegründeten Tschechoslowakei.
Diese schuf auch erstmals einen Verwaltungs-Bezirk Bärn, tsch. Moravský Beroun. Infolge des Münchner Abkommens 1938 wurden überwiegend deutsch besiedelte Gebiete entlang der Grenzen der Tschechoslowakei vom Deutschen Reich besetzt und bis April 1939 in die Verwaltungs-Struktur des Reiches eingegliedert, darunter ein Großteil des nördlichen Mährens. So wurde u.a. auch der Landkreis Bärn gebildet (Regierungs-Bezirk Troppau, Reichsgau Sudetenland), der bis 1945 existierte. Zu ihm gehörten sechs kleine Städte und 52 Gemeinden. Nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte das Gebiet wieder zur Tschechoslowakei, seit 1993 zu Tschechien.
In der Stadt Bärn, ca. 30 km nördlich von Olmütz (tsch. Olomouc), leben heute ca. 3000 Einwohner. Gegründet wurde der Ort spätestens im 13. Jh. Damals wurden deutsche Siedler, wohl aus Franken, angeworben, um Eisenerz und Sandstein abzubauen. Nach dem Ende des Bergbaus entwickelten sich in der Region Flachsanbau und Weberei, im 19. Jh. Textil-Industrie inkl. Seiden-Herstellung. Außerdem wurden und werden v.a. Getreide, Zuckerrüben, Kartoffeln und Raps angebaut. Es gibt auch Heilquellen in der Nähe.
Die Entwicklung der Stadt verlief zögerlich: Im 30jährigen Krieg (1618 – 1648) musste sie Einquartierungen fremder Soldaten hinnehmen und Kontributionen zahlen. Sie brannte im 18. Jh. zwei Mal ab. 1799 musste sie die Einquartierung von 7000 russischen Soldaten erdulden – in einem Krieg zwischen Frankreich und den Verbündeten Russland, Österreich sowie Großbritannien (Zweiter Koalitionskrieg, 1798 – 1802). 1872 wurde Bärn an die Eisenbahn angeschlossen. Die Einwohnerzahl stieg bis in die 1910er Jahre auf etwas über 3000. Die deutschen Einwohner – aus Stadt und Kreis – wurden nach dem Zweiten Weltkrieg enteignet und 1946 - 48 vertrieben.
Südlich von Bärn wurde ab 1946 auf einem Teil des ehemaligen Kreisgebiets bzw. auf dem Gebiet von 24 Dörfern ein Truppenübungsplatz eingerichtet, Zentrum ist die Stadt Liebau, tsch. Libavá. Die meisten dieser Dörfer sind daher nicht mehr bewohnt und zu Wüstungen geworden, wie Groß Dittersdorf oder Habicht (tsch. Čermná, Jestřabí). 2015 wurde das Gelände verkleinert und einige Gemeinden aus dem Militärgebiet ausgegliedert.
Stolp liegt ca. 18 km südlich der Ostseeküste im östlichen Pommern bzw. Hinterpommern an der Stolpe, ca. 100 km westlich von Danzig. Vor dem Zweiten Weltkrieg war es nach Stettin die zweitgrößte Stadt Pommerns mit ca. 50.000 Einwohnern.
Germanische Stämme siedelten um 500 v. Chr. in Pommern östlich der Persante, sie zogen mit der Völkerwanderung nach Süden. Um 550 siedelten dort westslawische Stämme. So gab es im 9. Jh. eine kaschubische Siedlung an einer Stolpefurt. Die Zugehörigkeit der Region wechselte: Im 12. Jh. gehörte sie zum Herzogtum Pommern, in dem die Greifen herrschten, stand dann unter polnischem, deutschem und dänischem Einfluss, kam 1227 an die Herzöge von Pommerellen, die Samboriden. Herzog Swantopolk II. verlieh der Siedlung an der Stolpe 1265 Lübisches Stadtrecht. 1276 gründeten Kaufleute aus Westfalen und Holstein eine weitere Siedlung am Westufer der Stolpe.
Durch Erbfolgekriege gelangte Stolp an die Askanier (Brandenburg), später wieder an die Greifen. In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts wurde Stolp auch Mitglied der Hanse, aus der es später wieder austreten musste. Brände, Hochwasser, die Pest und andere Epidemien, später auch Hexenprozesse, sorgten immer wieder für schwierige Zeiten. 1630, im 30jährigen Krieg, besetzten die Schweden die Stadt. 1637 fielen die Truppen Wallensteins ein, daraufhin zerstörten die Schweden Stolp. Seit dem Westfälischen Frieden 1648 gehörte Stolp mit Hinterpommern zu Brandenburg-Preußen.
Mit den Verwaltungsreformen im Königreich Preußen nach dem Wiener Kongress gehörte Stolp seit 1816 zum Kreis Stolp im Regierungsbezirk Köslin der Provinz Pommern. Die Stadt wurde 1869/70 an die Eisenbahnlinie Köslin – Stolp – Zoppot (bei Danzig) angeschlossen. Neben Möbelindustrie und Bernsteinverarbeitung entstanden Maschinenfabriken, Stickereien und 1921 eine Käserei, die mit dem Weichkäse „Stolper Jungchen“ weit bekannt wurde. Die Verkehrswege wurden allerdings durch die seit 1920 bestehende, nur 50 km entfernte deutsch-polnische Grenze erheblich beschnitten. Seit 1926 gab es einen Flugplatz. Weder bei den Wahlen zum Reichstag am 5. 3., noch bei den Wahlen in der Stadt am 12. 3. 1933 erlangte die NSDAP in Stolp eine Mehrheit.
Am 8. 3. 1945 marschierte die sowjetische Armee kampflos ein, brannte aber die Innenstadt nieder. Bereits im April wurde Stolp durch die Sowjetunion polnischer Verwaltung unterstellt.
Heute hat Stolp – poln. Słupsk – ca. 90.000 Einwohner und verfügt u.a. über etliche Betriebe für den Maschinen- und Möbelbau, für Schiffs- und Haushaltszubehör sowie über technische Fachschulen. Es besteht eine Partnerschaft mit Flensburg.
Das Textilgewerbe gehörte mit Bergbau und Hüttenwesen zu den wichtigsten Wirtschaftszweigen Schlesiens. Im Deutschen Reich (ab 1871) gehörte Schlesien mit Sachsen und dem Rheinland zu den drei wichtigsten Standorten der Textilindustrie.
Bereits die Tuchweberei (Wolle) war spätestens seit dem 14. Jahrhundert in Schlesien als Gewerbe weit verbreitet. Um 1600 galt dies auch für die Leinenweberei. Die Leinenweber lebten v.a. im Gebirge, wo es wenig andere Quellen für den Lebensunterhalt gab. Durch die Entwicklung der Manufakturen wurden aber viele Menschen angezogen, so dass die Regionen bald dichter besiedelt waren als die Ebene. Flachsanbau und Export von Leinen waren mit dem Gewerbe verbunden. Textilien waren auch im Sklavenhandel wichtig. Um 1790 soll es ca. 1,5 Mio. Einwohner in Schlesien gegeben haben, davon ca. 50.000 Arbeiter an (ca. 28.000) Leinenwebstühlen.
Ab ca. 1700 entwickelte sich auch die Baumwollweberei zu einem wichtigen Wirtschaftszweig. Beide Gewerbe konkurrierten miteinander. Noch um 1800 wurden außerdem Wollfabrikate bzw. Tuche weit exportiert. Um 1860 kam aber es zum Rückgang, weil Wolle in Südamerika billiger produziert wurde. Andere Krisen wie Kriege, die Kontinentalsperre, neue Techniken – z.B. der in England erfundene mechanische Webstuhl –, Dürren u.a. führten immer wieder zu Problemen im Textilgewerbe und zu Unruhen unter den Arbeitern, die um ihre Existenz fürchteten. So kam es auch zum Weberaufstand 1844, der von Heinrich Heine im Gedicht „Die schlesischen Weber“ und von Gerhart Hauptmann 1892 in seinem bekanntesten Drama „Die Weber“ verarbeitet wurde.
Die Leinen-Industrie war v.a. im Waldenburger und im Riesen-Gebirge angesiedelt, Baumwoll-Industrie um Schweidnitz, Görlitz, Waldenburg und Glatz, die Woll-Industrie um Liegnitz, Görlitz, Hirschberg, Breslau, Sagan, aber auch in der Oberlausitz. Langenbielau im Eulengebirge war ein wichtiges Zentrum der Textilindustrie, um 1700 wurde hier bereits Baumwolle verarbeitet. 1805 wurde hier die Firma Dierig gegründet, die heute von Augsburg aus international tätig ist. 1900 wurde die Preußische Fachschule für Textilindustrie eingerichtet.
Nach Ende des Ersten Weltkriegs lösten die Sieger die Vielvölkerstaaten wie Österreich-Ungarn oder das Deutsche Reich auf, da das Problem der Nationalitäten auf dem Balkan 1914 mit zum Ausbruch des Krieges geführt hatte. Doch die verschiedenen Nationalitäten waren kaum nach Regionen zu trennen, es entstanden erneut Staaten mit nationalen Minderheiten.
Für das Deutsche Reich bestimmten die Siegermächte (v.a. Frankreich, Großbritannien, USA, Italien), dass Grenzregionen mit gemischter Bevölkerung abzutreten waren, etwa Elsass-Lothringen an Frankreich, oder Nordschleswig – nach einer Volksabstimmung – an Dänemark. Polen sollte nach dem 14-Punkte-Programm des amerikanischen Präsidenten Wilson von Januar 1918, das die Grundlage für Waffenstillstand und Friedensverhandlungen war, alle Gebiete mit unstrittig polnischer Bevölkerung erhalten – dazu gab es weitreichende Forderungen polnischer Politiker – und einen Zugang zum Meer (in Danzig). Größere Teile der Provinzen Westpreußen und Posen sowie ein Teil des ostpreußischen Kreises Neidenburg um Soldau wurden dem neu geschaffenen Staat Polen zugeschlagen, z.T. wegen der Verkehrswege. Danzig wurde unter Mandat des Völkerbunds zur Freien Stadt. Das ostpreußische Memelland wurde unter alliierte Aufsicht gestellt (aber 1923 von Litauen annektiert). Die Stimmung nach der Bekanntgabe der Beschlüsse im Mai 1919 war aufgeheizt, in Deutschland gab es eine Protestwelle mit zahlreichen Kundgebungen.
In weiteren Gebieten sollte dazu eine Volksabstimmung stattfinden. Für 15 west- und ostpreußische Kreise, inklusive Masuren – darunter der Regierungsbezirk Allenstein –, wurde die Abstimmung über die staatliche Zugehörigkeit für den 11. Juli 1920 angesetzt. Stimmberechtigt waren auch Menschen aus den Abstimmungsgebieten, die anderswo lebten. Für sie wurde die Anreise per Bahn oder Schiff organisiert. Deutsches Militär und hohe Verwaltungsbeamte mussten Anfang Februar die Region verlassen. Alliiertes Militär rückte ein. Interalliierte Kommissionen übernahmen Verwaltung und Vorbereitung der Abstimmung – französische, britische, italienische und japanische Offiziere und Beamte. Für den Kontakt zwischen Alliierten und Deutschen wurden deutsche Reichskommissare eingesetzt. In den betroffenen Gebieten waren Verbände entstanden, die die deutschen Interessen vertraten, von Warschau aus wurden Vertreter polnischer Verbände nach Masuren geschickt. Beide Seiten führten Kundgebungen durch. Das Ergebnis am 11. Juli war aber wie erwartet eindeutig, sogar mit über 90 bis 99,3 % für den Verbleib bei Deutschland. Die Abstimmungsgebiete wurden an die deutsche Verwaltung zurückgegeben. Später entstanden in mehreren Orten Denkmäler zur Erinnerung.
In der Adventszeit studierten die Konfirmanden Gedichte und überlieferte Lieder für den Gottesdienst an Heiligabend ein, einige Schulkinder ein Krippenspiel. Außerdem wurden die Lichtert vorbereitet. Sie waren örtlich ein wenig unterschiedlich, lehnten sich aber immer an ein Kreuzgerüst an. Das Ausschmücken wurde von den ältesten Schülern, den Konfirmanden eben, übernommen. Es gab bestimmte Regeln – insofern war das Erstellen der Lichtertje gemeinschaftsbildend und diente der Pflege von Traditionen.
Zur Vorbereitung gehörte u.a. das „Grünholen“, auch „Holen des Lichtertgrüns“. Dafür wurde ein Wandertag für die Schüler organisiert. Die Jungen durften in vielen Gemeinden zum Grünholen reiten. Der Ausflug endete meist mit einem Picknick. Zur Rückkehr gehörte ein mehrmaliger Ritt um die Kirche (häufig drei Mal). Dabei rief jeder Reiter jedes Mal, wenn er an der Kirchentür vorbeikam, dem Pfarrer ein „Vivat“ zu, der den Gruß entsprechend entgegennahm. Dort, wo es keinen Ritt gab, wurde beim Heimgehen vor dem Pfarrhaus und vor der Schule das Lied „Ich grüße dich mit kindlichem Gemüt“ gesungen. Es war stets ein besonderes Ereignis für die gesamte Gemeinde.
Die Anzahl der Lichtertje hing von der Zahl der Kinder in der Gemeinde ab. Vier Lichtertje waren eine übliche Zahl, dafür wurden die Konfirmanden in vier Gruppen geteilt. Eine Gruppe scharrte sich um den besten Schüler der Abschlussklasse, eine um die beste Schülerin, eine um den zweitbesten Schüler und eine um die zweitbeste Schülerin. Diese vier hatten die Ehre, „ihren“ Lichtert in die Kirche zu tragen. Sie bzw. ihre Eltern waren in der Adventszeit Gastgeber für die Jugendlichen, die zum Basteln kamen. Es gab Kleinigkeiten zum Essen, am letzten Tag fiel das Essen etwas größer aus.
Typisch beim Basteln waren Papierblumen. Hohe Kunstfertigkeit war nötig, um die Blumen der Natur nachzubilden. Verbreitet waren auch Fähnchen mit Segenssprüchen oder weihnachtlichen Zitaten aus Bibel und Gesangbuch. Außerdem wurden gefärbte Nüsse verwendet. Die Anzahl der Kerzen war vorgegeben, ebenso ihre Größe. Sie waren früher sehr teuer und wurden daher gespendet oder von der Kirchengemeinde gekauft. Man versuchte, den Schein der Kerzen, die Aura, durch einen Kranz – aus Papier – hervorzuheben.
Der Lichtert aus Mettersdorf ist, wie klassische Leuchter, recht flach, die Kerzen sind in eine Richtung angeordnet. So lässt er sich leichter transportieren. In manchen Orten ähnelte er eher hohen Kränzen oder Bäumchen.
Das Weihnachtsfest wurde mit dem Turmblasen um vier Uhr früh eingeleitet. Danach läutete es zur Mette, die von allen in der Gemeinde besucht wurde. Wichtiger Teil der Feier war, dass die Lichtertje von den Konfirmanden in die Kirche getragen wurden. Die erste Gruppe stellte sich im Altarraum auf, die nächste gegenüber auf der Empore, eine Gruppe auf dem Balkon auf der rechten, die vierte Gruppe auf dem Balkon auf der linken Seite. So wurde im Wechselgesang das überlieferte Weihnachtslied gesungen. In den Städten war vielfach ein lateinisch-deutscher Wechselgesang üblich: Das „Puer natus“ war eine der ersten Neuerungen, als man von einem Gottesdienst, der nur vom Pfarrer – auf Latein – gehalten wurde, nach der Reformation dazu überging, auch die Gemeinde mit einzubeziehen. Auf den Dörfern wurden nach der Reformation bald deutschsprachige Gottesdienste üblich, und daher setzten sich dort auch deutsche Weihnachtslieder am Weihnachtslichtert schnell durch. Das Lied, das gesungen wurde, war von Ort zu Ort ein anderes. Besonders verbreitet war „Dies ist der Tag, den Gott gemacht“ nach der Melodie „Vom Himmel hoch, da komm ich her“. Vielfach üblich war auch „Kommt zusammen, Christi Glieder“. Daher hat die Christmette in vielen Gemeinden diesen Namen bekommen, man sprach kurz vom „Kommt zusammen“.